Okulation – Lexikonartikel


Okulation ist eine Art der Pflanzenveredelung, bei der vom Edelreis nur eine ruhende Knospe („Edelauge“) verwendet wird. Die Knospe wird mit einem kleinen Stück der umgebenden Rinde in die als Unterlage bezeichnete Mutterpflanze eingesetzt.

Okuliert wird zu einem Zeitpunkt, an dem sich die Rinde leicht lösen lässt. Dies ist etwa von Ende Mai bis September der Fall, wobei das Wetter nicht zu trocken und zu heiß sein sollte. Ist dies nicht gegeben, so wird bei Gartenbaubetrieben mit Bewässerung und Harnstoffspritzung nachgeholfen. Auch nach der Okulation ist zu trockenes und heißes Wetter ungünstig, da das Edelauge einige Zeit braucht um anzuwachsen. Ist das Wetter zu trocken und zu heiß würde das Edelauge zu rasch austrocknen und die Okulation könnte misslingen. Zum Zeitpunkt der Entnahme müssen die Knospen am Edelreis ausgereift sein, was häufig erst im Juli der Fall ist. In Mitteleuropa treibt die veredelte Knospe meist erst im darauffolgenden Frühjahr aus, in gegenden mit längerer Vegetationsperiode kann der Austrieb auch noch im selben Jahr erfolgen.

Bei der eigentlichen Okulation wird das Auge flach aus dem Edelreis herausgeschnitten in einer Länge von ca. 1–2 cm. Es ist von Vorteil, wenn man am Edelauge einen kleinen Blattstiel belässt, an dem sich das kleine Edelauge besser in die Hand nehmen lässt, er dient später noch zur Erfolgskontrolle. Danach wird an der Unterlage mit einem sehr scharfen Messer ein Schnitt ausgeführt, der die Rinde so löst, dass das Edelauge entsprechend eingesetzt werden kann. Die Veredlung muss nun verschlossen werden, entweder mit Folienband, Bast oder Schnellverschlüssen (so genannten Okulette), um sie vor Schmutz, Austrocknung und mechanischer Verletzung zu schützen. Der Verschluss drückt das Auge fest an das Kambium der Unterlage und gewährleistet so ein schnelles Anwachsen, welches bei günstiger Witterung nach 14 Tagen geschehen ist. Der Veredelungsvorgang sollte so rasch wie möglich vonstatten gehen, damit die Schnittstellen und besonders das Edelauge nicht antrocknen, dies würde nämlich den Erfolg der Veredelung gefährden.

Besteht zwischen Edelsorte und Unterlage eine Unverträglichkeit, kann zwischen beide ein dünnes Plättchen einer dritten Sorte gelegt werden, mit der beide verträglich sind. Dieses Verfahren nennt man Nicolieren.

Erfolgskontrolle: Ein bis drei Wochen nach der Okulation sieht man am Blattstiel, ob die Veredelung gelungen ist. Wenn der Blattstiel noch prall und hell aussieht und bei leichter Berührung abfällt, oder schon von selbst abgefallen ist, kann man die Veredelung als gelungen bezeichnen. Ist jedoch der Blattstiel eingetrocknet (Aussehen dünn und dunkel) und fällt er auch bei einer leichten Berührung nicht ab, ist die Veredelung nicht gelungen, in diesen Fall ist jedoch eine Nachveredelung noch möglich.

Zum Schutz vor Kälte wird die Veredelungsstelle im Winter mit Erde angehäufelt. Im Frühjahr wird der Winterschutz entfernt, und die über dem veredelten Auge noch befindliche Pflanze abgeschnitten. Durch den Saftdruck der Unterlage treibt das Auge aus, die neu entstandene Pflanze erreicht. 

T-Okulation

In einen T-Schnitt eingefügtes Auge

Bei der T-Okulation wird an der Unterlage mit dem Messer ein T-förmiger Schnitt ausgeführt: Als erstes führt man einen zwei Zentimeter langen Querschnitt durch, welcher nur die wenige Millimeter dicke Rinde durchtrennt. Als nächstes wird ein Längsschnitt, der eine Länge von zwei bis vier Zentimeter aufweist und mit dem Querschnitt bündig abschließt, durchgeführt. Mit Hilfe der Spitze des Okuliermessers werden nun die beiden Rindenflügel hochgezogen, so dass sich die Rinde nach links und rechts vorsichtig lösen lässt. In den so entstandenen Schlitz wird nun das zuvor ausgeschnittene Auge eingesetzt, etwas nach unten geschoben, damit es fest in der Rindentasche liegt und die Rinde wieder zurückgeklappt.

Umgekehrte T-Okulation

Um zu vermeiden, dass Wasser in den Schnitt läuft, wird die umgekehrte T-Okulation ausgeführt. Dabei wird der Querschlitz unterhalb des Längsschlitzes angesetzt, so dass sich als Bild ein auf dem Kopf stehendes T ergibt. Diese Methode wird etwa bei Zitruspflanzen angewendet, ist sonst aber kaum verbreitet.

Plattenokulation

Bei der Plattenokulation wird ein etwa quadratisches Stück Rinde rund um das Edelauge abgehoben. Ebenso wird am Edelreis eine gleich große quadratische Fläche von Rinde befreit und dort das Edelauge aufgesetzt. Diese Methode wird erfolgreich bei Walnuss und Hickory angewendet.

Ring-Okulation

Die Ring-Okulation funktioniert prinzipiell wie die Platten-Okulation. Allerdings wird am Edelreis ein ganzer Rinden-Ring gelöst und auf eine entsprechend passende, von Rinde befreite Stelle auf der Unterlage befestigt.

Chip-Veredelung

siehe Chip-Veredelung

Auch bei der Chip-Veredlung wird von der Edelsorte nur eine Knospe verwendet. Im Gegensatz zur T-Okulation wird die Knospe nicht in einen Schlitz hinter die Rinde gesetzt, sondern an der Unterlage wird ein Stück, in passender Größe und Form für das Edelauge, ganz von Rinde befreit.

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